Markieren

Großplakatprojekt, 700 Plakate, Wien, Januar 2005


Ein Großplakat, die gesamte Fläche ein einheitliches Muster, eine ganze Tafel nur Punkte. Eine ganze Reihe von Plakaten, die sich hinsichtlich ihrer grafischen Struktur völlig gleichen: Auf allen ist dasselbe simple Punktraster auf weißem Grund gegeben. Nur in der Einfärbung unterscheiden sie sich, die Punkte sind jeweils in der Farbe bzw. den Farben des Markenemblems oder Unternehmenslogos, der „Firmenfarbe“ also, gehalten. Auf den Plakaten wird nichts gezeigt, keine Botschaft wird vermittelt, keines der sonst üblichen Werbefotos präsentiert, die nach Maßgabe der jeweiligen Marketingstrategien das „Image“ einer Marke oder eines Produkts prägen sollen. Alle inhaltlichen Konnotationen, die die Reklamesujets den Marken als fiktive Eigenschaften zuschreiben, werden abgezogen.

Übrig bleibt hier eine Leerfläche, aufgefüllt mit dem abstrakten, gleichmäßigen Punktraster. Allein in der Einfärbung der Punkte entsprechen die Plakate der visuellen „Corporate Identity“ des jeweiligen Unternehmens. Farbe ist hier gewissermaßen als letzter signifikanter Rest der Affirmation zurückgeblieben. Dabei wird den Unternehmen, die ansonsten immer auf eine möglichst individuelle Repräsentation, eine möglichst individuelle „Identität“ ihrer Markenbilder aus sind, eine Uniformierung in der öffentlichen Darstellung auferlegt. Statt des markanten Reklamesujets, statt der unverwechselbaren Werbefigur, statt des oft über Jahre gleich bleibenden Slogans nur eines: Punkte - einheitlich, hier wie dort. Die je unterschiedliche Fiktion einer Einzigartigkeit weicht einer leeren Repräsentation, die die Darstellung für alle Marken, die bei dem Projekt aufgenommen werden, auf das selbe grafische Raster herab dekliniert und uniformiert.

So demonstrieren diese Plakate, worum es bei der Werbung im öffentlichen Raum vor allem geht: Die wesentliche Funktion ist Präsenz, wichtig ist zuerst, überhaupt da zu sein. In ihrer Bedeutungslosigkeit führen die großen Leerflächen unmittelbar vor, dass das Platzeinnehmen und Raumgreifen, das Besetzen von Sendefläche als Hauptkriterium zählt. Die nichtssagende Gestalt der Plakate hier, die nur eine quantitative Ausdehnung kennzeichnet, steigert von daher nur die ohnehin gegebene Redundanz der Werbung ins Extrem. Das leere Markieren der Rasterflächen bringt so buchstäblich auf den Punkt, worauf es in diesem medialen Revier ankommt: Das schiere Faktum der Präsenz und die quantitativen Parameter der Ausdehnung dieser Präsenz - die Größe der Plakate, Stückzahl, Streuung etc. - sind die wesentlichen Faktoren in der Ökonomie der Aufmerksamkeit im öffentlichen Raum. Wie immer, so wird auch dort Macht zuerst durch Quantität erzeugt.