Blind Spot/Façade (deutsch)

160 posters, 1 subject / Lower Austria, 2003

Blind Spot: Façade
The artists Olaf Breuning, Tomaz Gregoric and Erwin Wurm, as well as Roy Villevoye and Jan Dietvorst, who developed a subject together, participated in the extensive poster campaign “Blind Spot”, for which a total of 800 posters were put up in Lower Austria in June of 2003. We contributed one design to the project, which we also organized and supervised. That made five poster subjects altogether, each of which was used for 160 posters; this is comparable to the average distribution of commercial posters in this region. In contrast to most artistic poster projects, in which single posters or very few of each type are put up, we can therefore say that in the “Blind Spot” campaign, art managed to really play a part in this mass medium.
As in the project “Choco-Monologue” and several other poster works, our design for “Blind Spot” made use of the technical structure of the medium – subdivision into individual sections – for its artistic concept. From the anonymous architecture of a typical apartment block, three building elements were photographed (window, window with venetian blinds, bare wall segment), which could be used as picture modules to be put together in various different combinations: posters were transformed into façades. In this way the posters focused on the dismal reality of how cheap, mass housing is built even today.
The composition of each individual poster was left to chance – or to the arbitrariness of the poster paster, who could arrange the various sections in whatever order he liked; no two posters were exactly the same. This variability was left completely open, even to the most extreme cases: for instance, a billboard comprised solely of windows with closed blinds, which, however, resulted in a blindness of the portrayed motif – maximal variance led to total redundancy. From another standpoint the project had an additional effect. The usual advertising posters and all other commercial signs are affixed to architecture; they perforate the building masses bit by bit in the name of consumer-oriented lifestyle. Here the visual hole that commerce tears in today’s architectural reality was, so to speak, pictorially mended. In this way the posters also provided an ironic allusion to the illusionist wall painting of bygone days.



Blind Spot /Fassade


Olaf Breuning
Tomaz Gregoric
Otto Mittmannsgruber & Martin Strauß
Roy Villevoye & Jan Dietvorst
Erwin Wurm


800 Großplakate im Plakatnetz der Heimatwerbung, Niederösterreich, Juni 2003
Kuratiert von Otto Mittmannsgruber und Martin Strauß


Mittmannsgruber und Strauß laden eine Reihe von Künstlern dazu ein, eine
Auseinandersetzung mit Themen und Gegenständen, die von der Werbung
gemieden werden, in das reine Werbemedium Plakat einzuschleusen. Dem
folgend geht das Projekt zunächst von einer Reihe reflexiver Fragen aus,
die gleichzeitig eine Herausforderung für ein künstlerisches Agieren
darstellen: Welche Mitteilung, welches Thema ist geeignet bzw. wichtig
genug, um damit die Flächen dieses eigenartiges Mediums zu bespielen?
Was sagt und zeigt die Werbung niemals, welche ästhetische Sprache oder
Anmutung fehlt hier etc.? Auf der anderen Seite dann: Gibt es überhaupt
einen Bedarf für die Öffnung dieses abgeschlossenen Felds der Werbung
zugunsten alternativer Inhalte? Welche ästhetische Form soll gewählt
werden, um in einem derartigen Umfeld bestehen zu können - Angleichung
an die formalen Mittel der Werbung bzw. der Versuch zu deren
Übersteigerung oder im Gegenteil provokante Diskrepanz? Gibt es
Spielregeln, die einzuhalten sind? Oder besteht ein grundsätzlicher
Widerspruch zwischen der normierten wie normativen Bildsprache des
Kommerz, von der das Plakatmedium exklusiv bestimmt ist und die auf
schnellste Verständlichkeit sowie breite Akzeptanz aus ist, und der
Möglichkeit, komplexe und anspruchsvolle Themen zu vermitteln?

Im besten Fall soll demnach das Projekt insgesamt, in der Summe der
ausgewählten Arbeiten, einen Beweis führen, dass die Argumentation der
Werbetechniker höchstens auf ihre eigenen Verfahrensweisen und ihre
Interessen zutrifft, wonach eine auf Reflektion ausgerichtete Botschaft
hier nicht erfolgreich sein kann. Neben der formalen Tatsache, dass alle
fünf Projektsujets mit fotografischen Mitteln (Fotografie bzw.
Videostill) operieren, vor allem aber auf sonst im Plakat übliche
Kommunikationsmodi verzichten (Slogans etc.), hat sich in gewisser
Hinsicht eine inhaltliche Kohärenz eingestellt. Alle Sujets widmen sich
sozialen Ordnungssystemen bzw. gesellschaftlichen Codes: Roy Villevoye &
Jan Dietvorst dem Verhältnis der Ethnien bzw. Rassen und der Migration,
Olaf Breuning den gruppenspezifischen Codes (Kleidung, Mode, Sport),
Erwin Wurm der Frage von Eigentum, Aneignung von Besitz etc. (in einem
Medium, das auschließlich dem Kauf verpflichtet ist, besonders
virulent), Tomaz Gregoric der gesellschaftlichen Ordnungsmacht
schlechthin, der Polizei, Otto Mittmannsgruber & Martin Strauß
bestimmten Ordnungsfaktoren in der Architektur bzw. dem Bauwesen.